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88. Verbandsversammlung: ThFV und TMIK starten Mitgliederkampagne für die Freiwilligen Feuerwehren in Thüringen

Rund 180 Delegierte sowie Gäste aus Wirtschaft, Politik und von anderen Interessenverbänden folgten der Einladung zur 88. Verbandsversammlung am 9. April 2016 in das Congress Center der Messe Erfurt. In diesem Jahr war die Beteiligung der politischen Mandatsträger – allen voran Innenminister Dr. Holger Poppenhäger und Innenstaatssekretär Udo Götze – und der Abgeordneten des Deutschen Bundestages und des Thüringer Landtages erfreulich hoch. „Dies zeigt Ihnen, welches Gewicht und welche große Bedeutung die Feuerwehren in unserer Gesellschaft haben.“, hieß es hierzu bei den Grußworten.

Höhepunkt der Verbandsversammlung war der Startschuss für die neue Kampagne des Thüringer Feuerwehr-Verbandes (ThFV) zur "Mitgliedergewinnung und -bindung bei den Freiwilligen Feuerwehren in Thüringen". Ziel dieses Projektes sei es, die Feuerwehren und Gemeinden vor Ort in die Lage zu versetzen und dabei zu unterstützen, neue Mitglieder für die Freiwilligen Feuerwehren zu gewinnen, sagte Verbandschef Lars Oschmann bei seiner Rede. "Der grundlegende Ansatz ist, ‚Hilfe zur Selbsthilfe‘ zu leisten. Denn nur vor Ort und durch die persönliche Ansprache kann die Gewinnung neuer Mitglieder und deren Bindung an die Feuerwehr gelingen", so Oschmann. Dabei müssen die Feuerwehren das "Marketing in eigener Sache" lernen und sich positiver aufstellen. "Kein Kaufmann würde so schlecht von seinem Produkt reden", mahnte Oschmann das Jammern über den Mitgliederschwund an und rief alle zur aktiven Beteiligung an der Kampagne auf. "Wir müssen hier genauso professionell arbeiten, wie wir es bei jedem unserer Einsätze tun."

Die Mitgliederkampagne wird im Rahmen einer Projektförderung  aus Mitteln des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales (TMIK) finanziert. 2015 leistete das Ministerium bereits eine Anschubfinanzierung für die Erstellung eines Kampagnenkonzeptes und die Entwicklung von Handlungsempfehlungen für die Feuerwehren vor Ort und einer Online-Plattform. Mitte dieses Jahres werden die Handlungsempfehlungen an alle Thüringer Feuerwehren verteilt. Zudem stehen dann auch die Online-Plattform und eine App für Smartphones mit weiteren Informationen, Downloads und zum Erfahrungsaustausch zur Verfügung.

Den ersten Ordner mit den Handlungsempfehlungen übergab Verbandschef Lars Oschmann an Innenminister Dr. Poppenhäger und dankte ihm für die finanzielle Unterstützung. Der Minister überreichte einen Zuwendungsbescheid für eine weitere Förderung des Projektes im Jahr 2016 in Höhe von 50.000 Euro. Zudem sagte er zu, dass auch im Jahr 2017 das Projekt finanziell vom TMIK unterstützt werden wird.

Verwaltungs- und Gebietsreform
Ein weiteres Thema bei der Verbandsversammlung in Erfurt war die geplante Verwaltungs- und Gebietsreform der rot-rot-grünen Regierung. Dabei forderte der ThFV-Vorsitzende Augenmaß und wohlüberlegtes Handeln im Bereich der Feuerwehren. Lars Oschmann verwies darauf, dass die Anforderungen an die Organisation und Sicherstellung des Brandschutzes und der Allgemeinen Hilfe steigen, wenn einwohnerstärkere Gemeinden gebildet werden. So sei der Aufwand wesentlich höher, wenn größere Gemeinden mit mehreren Stadt- und Ortsteilfeuerwehren entstehen.
Oschmann warnte eindringlich vor der Gefahr, dass das ehrenamtliche Engagement in den Feuerwehren gefährdet werden könnte, wenn der höhere Verwaltungsaufwand auf die Schultern ehrenamtlicher Führungskräfte verteilt werden würde. Er sprach sich dafür aus, mehr hauptamtliche Kräfte in den Feuerwehren zu beschäftigen, um das Ehrenamt zu entlasten. Dies wird aber auch bedeuten, dass zukünftig deutlich höhere Kosten (vor allem Personalkosten) auf die Gemeinde im Bereich des Brandschutzes zu kommen werden. Ein weiteres Problem wird die Verfügbarkeit des zusätzlichen hauptamtlichen Personals darstellen. Schon jetzt sind nur mit großen Mühen Stellenbesetzungen möglich.

Zugleich forderte er, die Orts(teil)feuerwehren in Thüringen zu erhalten. Um die Einsatzgrundzeiten abzusichern, dürften Gemeindefusionen nicht automatisch dazu führen, dass Ortsfeuerwehren zusammengelegt oder geschlossen werden. Es gebe viele Beispiele auch in Thüringen, wo Zwangszusammenschlüsse zu Streit und Austritten geführt haben. Oschmann verwies auch auf das Helferpotenzial der kleineren Feuerwehren für den Katastrophenschutz. "Mit einem möglichen Sterben der Ortsfeuerwehren wäre nicht mehr ansatzweise der Katastrophenschutz im bisherigen Umfang leistbar und gerade hier sehen wir keine hauptamtliche Kompensationsmöglichkeit."

Umsetzung des Koalitionsvertrages
Lars Oschmann zog in seiner Rede eine Zwischenbilanz zum Stand der Umsetzung des Koalitionsvertrages der rot-rot-grünen Landesregierung. Positiv hob er die Bereitstellung eines jährlichen Betrages von bis zu 30.000 Euro für die Opitz-Neubauer-Stiftung zur Entschädigung von Gesundheitsschäden im Feuerwehrdienst hervor, welche aufgrund von Vorschäden und der entsprechenden gesetzlichen Vorgaben nicht von der Feuerwehr-Unfallkasse Mitte anerkannt werden dürften. Hier können die einmaligen Entschädigungszahlungen eine Lücke bei der Versorgung der betroffenen Kameradinnen und Kameraden schließen. Leider gibt es derzeit noch ein Hindernis aufgrund der nicht erteilten Genehmigung für die Mitwirkung der FUK Mitte bei der Ermittlungsarbeit durch das sachsen-anhaltische Sozialministerium. Hier sei man darum bemüht, schnellstens eine Lösung zu finden.

Oschmann kritisierte, dass die Expertenkommission zur Evaluierung des Katastrophenschutzes erst wenige Tage vor der Verbandsversammlung einberufen worden ist. Er stellte fest: "Wir sind im Katastrophenschutz unseres Freistaates zwar leistungsfähig, aber nicht mehr auf der Höhe der Zeit." Durch das lange Abwarten sei viel Zeit verstrichen. Und das, obwohl alles wüssten: "Nach der Katastrophe ist immer vor der nächsten Katastrophe." Es sei dringend notwendig, die Hochwassereinsätze von 2013 systematisch auszuwerten und die Gefährdungsanalyse für den Freistaat auf den Prüfungsstand zu stellen.

Ein weiteres Thema, welches den Feuerwehren seit langem unter den Nägeln brennt, ist die Brandschutz- und Sicherheitserziehung. Hier ist man trotz des Koalitionszieles der Stärkung und Einführung einer flächendeckenden Brandschutzerziehung keinen Schritt weiter gekommen. Der ThFV fordert u. a., die Landkreise und das Land mit in die Pflicht als Aufgabenträger für die Brandschutzerziehung und Selbsthilfe der Bevölkerung durch Änderung des ThürBKG zu nehmen. Derzeit stecken die Diskussionen vor allem in der Frage nach der Finanzierung fest.

Verbessert hat sich nach Oschmanns Einschätzung hingegen die Personalsituation im für den Brandschutz zuständigen Referat 24 im TMIK. Auch würdigte der Verbandsvorsitzende die Zuordnung zur Abteilung 2 (zuvor Abteil 4 "öffentliche Sicherheit"), welche nunmehr nach außen sichtbar mache, dass die Feuerwehr nicht unter Polizeiführung stehe.

Bewältigung der Flüchtlingskrise
Der Verbandsvorsitzende bedankte sich bei allen Feuerwehrangehörigen, welche in den vergangenen Monaten tatkräftige Hilfe bei der Bewältigung des Ansturms an Flüchtlingen geleistet haben. Oschmann verwies aber auch darauf, dass die Integration der neuen Mitbürger eine langfristig noch größere Herausforderung darstellen wird und ermutigte die Feuerwehren hier als Vorbilder voranzugehen. "Sprecht Probleme offen an. Nur in einem kommunikativen Miteinander können wir die Problemlösung angehen und Vorurteile und Missverständnisse abbauen." Oschmann informierte die Teilnehmer darüber, dass das TMIK und der ThFV derzeit gemeinsam an der Herausgabe eines Einsatzwörterbuches arbeiteten, welches bis zum Ende des ersten Halbjahres an die Feuerwehren verteilt werden solle. (abk)

Lars Oschmann übergab im Rahmen der 88. Verbandsversammlung das erste Exemplar der Handlungsempfehlungen für die Mitgliedergewinnung an Minister Dr. Poppenhäger. (Bild: S. Meyer/ThFV)